Ronald S. Sullivan Jr. ist ein prominenter amerikanischer Professor und Staranwalt. In Harvard, wo er Jura lehrt, amtet er seit 2009 zugleich als Dekan am Winthrop House, einem der zwölf Studentenwohnhäuser der Elite-Universität. Fakultätsdekane betreuen Studenten in persönlichen und akademischen Belangen. Sullivan ist der erste schwarze Dekan in der Geschichte Harvards.
Damit ist nächstens Schluss, wie die «New York Times» berichtet: Sullivans Amtsperiode als Dekan endet am 30. Juni – und Harvard wird sie nicht wie sonst üblich für das nächste Semester verlängern. Der Entscheid betrifft auch Sullivans Gattin Stephanie Robinson, Lehrbeauftagte an der Harvard Law School, die das Amt gemeinsam mit ihrem Mann ausübt.
Mit Sullivans Entlassung reagiert die Universität auf anhaltende Studentenproteste, die im Januar begannen, als Sullivan dem Verteidigerteam von Harvey Weinstein beigetreten war. Der bekannte Hollywood-Produzent wird beschuldigt, über Jahrzehnte hinweg zahlreiche Frauen vergewaltigt oder sexuell belästigt zu haben. Im September wird er sich in New York vor Gericht verantworten müssen.
Die Studenten begründeten ihren Protest damit, dass Sullivans Rolle als Dekan nicht mit der Tätigkeit als Verteidiger eines mutmasslichen Sexualstraftäters vereinbar sei. Am 3. Mai fand im Ess-Saal von Winthrop House ein Sit-in statt, bei dem mehrere Studentengruppen Transparente mit Aufschriften wie «Reclaim Winthrop» oder «#MeToo» zeigten und den Rücktritt Sullivans als Dekan forderten.
Laut der Studentenzeitung «Harvard Crimson» erklärte einer der Protestierenden, es gehe nicht darum, dass Weinstein keinen Anwalt haben dürfe. Der springende Punkt sei vielmehr, dass Sullivan die Verteidigung nicht hätte übernehmen müssen. Indem er sie gleichwohl übernommen habe, kompromittiere er seine Tätigkeit als Mentor in Winthrop House.
Seine Anwesenheit in Winthrop House sei traumatisierend für Opfer von Vergewaltigungen und sexuellen Belästigungen. Eine Vertreterin der «Association of Black Harvard Women» (ABHW) betonte, schwarze Frauen – besonders lesbische Minderheiten – seien speziell davon betroffen, wenn «Rape culture» («Vergewaltigungskultur») auf dem Campus ermutigt werde. Die ABHW hatte bereits im Februar in einem Brief den Rücktritt Sullivans verlangt.
Bereits vor dem Sit-in hatten Studenten moniert, Sullivan habe mit seiner Verteidigung Weinsteins gezeigt, dass ihm die Sicherheit von Studenten egal sei. Auf dem Campus waren zudem Graffiti wie «Down with Sullivan» («Nieder mit Sullivan») oder «Whose side are you on?» («Auf welcher Seite stehst du?») aufgetaucht.
Für Sullivan setzte sich dagegen eine Reihe von Kollegen ein. 52 Professoren der Elite-Universität wiesen in einem offenen Brief darauf hin, dass die juristische Vertretung umstrittener Mandanten sehr wohl mit der Rolle als Professor und Dekan der Fakultät vereinbar sei. Der Einsatz fruchtete jedoch nicht; die Universität zog es offenbar vor, dem Druck der protestierenden Studenten nachzugeben und Sullivan nicht weiter als Dekan zu beschäftigen.
Die angespannte Stimmung unter den Studenten solle nicht noch weiter verschlechtert werden, begründete der Präsident des Harvard College, Rakesh Khurana, Sullivans Entlassung. Es sei nicht gelungen, das Klima in Winthrop House zu verbessern und die Situation dort sei unhaltbar.
Der Entscheid der Universität stiess auf zum Teil vehemente Kritik. Der Anwalt und ehemalige Harvard-Student Kaveh Shahrooz warf der Universität in einem Artikel auf «Quillette» Feigheit vor. Auch auf Twitter hagelte es Kritik:
As a @HarvardLaw alumni and former law tutor at #WinthropHouse, I am outraged by this treatment of #RonaldSullivan. #HarveyWeinstein is a monster but every #American deserves the best available legal defense. https://t.co/LIFWDK8M6t via @nytopinion @ACLU
— Jamie Metzl (@JamieMetzl) May 15, 2019
@Harvard deplorable decision to fire #RonaldSullivan because they didn’t approve of his choice of client as a defense lawyer marks the moment that institution stopped be a seeker of truth and a moulder of leaders. The long term fallout of attorneys thinking 2x about who they
— Jack Simony (@jacksimony) May 15, 2019
Sullivan selbst und seine Frau zeigten sich in einer gemeinsamen Erklärung, die sie der «Huffington Post» zukommen liessen, «überrascht und bestürzt» von der Entscheidung. Sie seien davon ausgegangen, dass sich die Gespräche, die sie mit hochrangigen Vertretern der Universität geführt hatten, in eine positive Richtung entwickelten. Doch Harvard habe diese Gespräche abgebrochen.
(dhr)
Und das seine frau gehen muss geht mir gar nicht in den kopf.
Na, willkommen im 17. Jahrhundert (oder ähnlich.. )...... - oder habe ich mich da irgendwo vertan und das Prinzip der Rechtsaatlichkeit falsch interpretiert?